Ein Kapaun und viel Bürokratie

Das eine schmeckt sehr gut, das andere liegt uns im Augenblick etwas auf dem Magen. Aber der Reihe nach. Bekanntlich sind wir am "Durchkochen" unseres umfangreichen piemontesischen Kochbuches. Für heute hatten wir uns für "Acciughe al verde", gefolgt von "Cappone di Vesime alle mele" entschieden. Der Cappone, Kapaun, ist ein kastrierter Hahn. Ob unser Exemplar wirklich aus Vesime stammte, weiss ich nicht, aber er erfüllte all unsere Hoffungen. Und wie es in der piemontesischen Küche so ist, man steht bereits für eine einfach erscheinende Vorspeise früh oder länger in der Küche. Damit die Acciughe mit der salsa schön durchgezogen sind, werden diese für das Abendessen schon am frühen Morgen zubereitet. Ich, die bei den uns bekannten Sardellen für gewöhnlich die Nase rümpft und sie höchstens auf die Pizza verteilt, war schlichtweg hingerissen. Diese Antipasti hat eindeutig Suchtpotenzial. Auch beim Kapaun war ich furchtbar skeptisch, und wir waren uns nicht ganz sicher, ob dieses grosse Ding überhaupt mal weich wird. Ich habe in der Schweiz mit Truthähnen so meine Erfahrungen gemacht. Aber dieses Federvieh war ganz anders. Mit Knoblauch und Salbei goldig gebraten, abgelöscht mit Rotwein, und danach im brodo di carne ein Stündchen gekocht, ist nur die Hälfte des Erfolges. Danach die fein geschnittenen Äpfel darübergelegt, salzen und pfeffern, noch eine Viertelstunde auf sanftem Feuer - das Kochbuch hat so schöne Ausdrücke  - geköchelt. Es war einfach köstlich. Roberto meinte: "E chli Härdöpfel drinne wär ou no guet", ich war zufrieden mit meinen Carciofi.

Aber das tägliche Leben besteht auch hier nicht nur aus der Frage, was wir denn heute Feines kochen. Damit unsere Möbel endlich den Weg vom Zoll zu uns finden, wurde das Certificato die Residenza verlangt. Das haben wir mittlerweile. Doch nun wollte unser Zollagent plötzlich ein Certificato storico di Residenza. Von der Gemeinde Montabone notabene. Diese Gemeinde kann uns gar nicht bestätigen, von wann bis wann wir in Rupperswil wohnhaft waren, dieses Dokument, bei uns Wohnsitzbescheinigung, war ja längst im Besitz des lieben Herrn Zollagenten.

Nach Abmeldebstätigung, Kaufvertrag, Wohnsitzbestätigung, Inventar der zu zügelnde Ware - das sind 103 Positionen -, prov. Anmeldebestätigung und nun def. Wohnsitzbestätigung von Montabone, Personenstandsausweise und Kopie der ID-Karten habe ich nur noch die Geburts- und Taufurkunde, welche eventuell den Zollagenten gnädig stimmen könnte. Mein Vorschlag an die nette Dame unseres Zügelunternehmens, wir möchten doch mal mit dem Herrn Zollagenten Klartext reden, wurde etwas ängstlich abgewiesen. "Wenn wir ihn verärgern, macht er keinen Deut mehr". Wir hoffen, dass morgen dieser Herr ein Einsehen hat, alle notwendigen, eingereichten und inzwischen ins Italienische übersetzte Unterlagen genehmigt, und wir am 7. Februar unser mittlerweile sehnlichst erwartetes Hab und Gut "in die Arme" schliessen können. Denn, es werden mildere Temperaturen erwartete. Und bei meinem Fundus an Schuhen im Container, möchte ich nicht unbedingt neues Schuhwerk kaufen müssen, weil irgend ein Agent . . . . . . Kochen wir lieber weiter. Es ist besser als ärgern.